36. Olymiade in Calvià 2004

Liechtenstein erreicht den 109. Schlussrang

Liechtenstein an der 36. Schacholympiade in Calvià, Mallorca 
Seit dem Beitritt zum Weltschachverband FIDE (Fédération international des échecs) im Jahre 1986 nimmt Liechtenstein bereits zum 8. male an der alle 2 Jahre stattfindenden Schacholympiade teil. Die diesjährige Olympiade findet vom 14. - 31. Oktober in Calvià auf Mallorca statt. Das wunderschöne Städtchen Calvià liegt etwa eine halbe Autostunde westlich von Palma. Gespielt wird im zweitgrössten Casino Spaniens, einer riesigen Anlage, die sowohl den Damen und Herren genügend Platz für ihr geliebtes Spiel bietet.

Team Liechtenstein
Die Mannschaft aus Liechtenstein setzt sich wie folgt zusammen: Brett 1: Marcel Mannhart, Brett 2: Renato Frick, Brett 3: Andràs Guller, Brett 4: Kurt Mündle, Ersatz: Fabian Ferster. Den meisten Liechtensteinern sind die Teilnehmer 1-4 bekannt. Fabian Ferster ist ein noch junger aufstrebender Spieler, der in Deutschland aufgewachsen ist, dank seiner liechtensteinischen Grossmutter jedoch auch den FL-Pass besitzt. Schachinsidern ist er bereits am letzt- und diesjährigen Jugendturnier in Schaan aufgefallen, sowie im Mai am FL-Open in Triesen, wo er prompt auch den besten Platz unter den liechtensteinischen Teilnehmern erreichte. Fabian wird erstmals an einer Schacholympiade teilnehmen und wird - obwohl nur Ersatz - mindestens in 8 von 14 Partien zum Einsatz kommen.

Favoriten um die Schachkrone
Einmal mehr werden die besten Teams aus der ganzen Welt um die diesjährige Schachkrone fighten. Die FIDE ist - gemessen an den gemeldeten Mitgliedern - der drittgrösste Verband weltweit (nach Fussball und Leichtathletik). Für Calvià haben sich bereits 138 Nationen angemeldet (neuer Rekord), die täglich ihr Bestes geben werden. Da der Ostblock immer noch den grössten Harst an Schachspielern stellt, darf es nicht verwundern, dass sie einmal mehr als Favoriten auf die Goldmedaille gelten. Allen voran natürlich die Schachgrossmächte Russland, Armenien, Ukraine, Estland, Lettland. Die westlichen Staaten wie USA, Deutschland, England, Holland, Ungarn und Bosnien werden versuchen, den Anschluss an die Spitze solange als möglich zu halten. Zu beachten sein wird auch das aufstrebende und jährlich stärker werdende China.

Schach als Kunst, Wissenschaft und Sport
Das über 1'000 Jahr alte Spiel hat nichts von seiner ursprünglichen Faszination verloren, im Gegenteil. Immer mehr Leute spielen Schach, ohne dass jemand dem Geheimnis dieses Spiels auch nur annähernd auf die Spur gekommen wäre. Anfang der Dreissiger Jahre des letzten Jahrhunderts wurden auf höchster Ebene so viele Remispartien (Unentschieden) gespielt, dass schon vom "Remistod" im Schach die Rede war und nicht wenige dachten, das Schachspiel sei ausgereizt und es könne nichts Neues mehr erfunden werden. Doch dann wurde die Schachwelt gesegnet mit Spielern wie Tal, Keres, Bronstein, Spasski, Fischer, Karpov, Kortschnoi und Kasparov, die dem Spiel immer wieder neue Ideen einhauchten und damit das schönste aller Spiele zu neuer Blüte erblühen liessen. Richtige Kunstwerke entstehen, wenn der Geist über die Materie die Oberhand behält. Dass Schach auch eine Wissenschaft ist, zeigen tausende von Schachbüchern, die jährlich auf dem Büchermarkt erscheinen und vergeblich versuchen, Schach bis in die kleinsten Einzelteile zu sezieren. Selbst einem Computer, der ein Matt in 253 Zügen voraussagen kann, gelingt es nicht, dem Geheimnis des Schachspiels auf den Grund zu kommen, zu immens ist die Vielzahl seiner Möglichkeiten. Jeder, der einmal Schach auf höchster Ebene gespielt hat, wird auch bezeugen, dass Schach genauso Sport ist. Nur mit einem gesunden Körper lassen sich die Strapazen von stundenlangem Studium, Konzentration, Willenskraft, Zeitnotstress usw. aushalten, wobei der Pulsschlag oftmals den eines Hundertmeterläufers bei der Zielüberquerung übertrifft. Etwas vom Schönsten, was dieses "verrückte Spiel" zu bieten hat ist aber auch die Tatsache, dass praktisch jeder gegen jeden gewinnen kann, dass es für dieses Spiel keine Grenzen auf der Welt gibt und dass jederzeit ein 5-jähriger gegen einen Hundertjährigen spielen kann. Durch die Elektronik (Internet) wurde nun sogar möglich, dass Menschen jeglicher Couleur und jeden Alters auf dem gesamten Planet miteinander spielen können, zuhause - im eigenen Wohnzimmer. Schach hat sich bereits dem neuen Zeitalter angepasst. Die früher oft Jahre dauernden - per physischer Post gespielten - Fernschachturniere werden heute im Internet innert einigen Wochen gespielt. Welcher andere Sport lässt sich ebenfalls so einfach auf elektronischem Wege austragen? Der SSB (Schweizerische Schachbund) hat vor 2 Wochen den ersten Schweizerischen Internet-Blitzschachmeister erkoren. Täglich tummeln sich weltweit Hunderttausende im Netz und spielen in irgendeiner Weise Schach, ob in Turnieren, freien Partien oder Blitzpartien.

Zielsetzung
Die liechtensteinische Mannschaft wird aufgrund ihrer Stärke (jeder Spieler hat ein Ranking) so zwischen Rang 105-115 auf der Startrangliste aufscheinen. Ihr erklärtes Ziel ist es - wie an jeder Olympiade - in der Endabrechnung mindestens den Startplatz zu erreichen, wenn möglich jedoch sogar einen Rang unter den ersten Hundert. Ob dies gelingt, wie an der Schacholympiade in Bled (Slowenien) vor 2 Jahren, wird sich in den für die Schlussrangierung immens wichtigen letzten zwei Runden erweisen. In Bled konnten die Liechtensteiner die weitaus höher klassierten Tunesier in der letzten Runde 2,5 : 1,5 schlagen und erreichten damit das angestrebte Wunschergebnis. Ob dies heuer ebenfalls gelingen wird, steht noch in den Sternen. 
Wer mit den Liechtensteinern mitfiebern will (oder mit anderen Teams), kann jede Partie "live", Zug um Zug im Netz unter folgendem Link verfolgen: www.36chessolympiad.com, oder unter dem grössten europäischen Schachserver: www.schach.de, die Partien starten um 15:30 Uhr Ortszeit. 
Das Vaterland und das Volksblatt werden in den nächsten Tagen aktuell über die Schacholympiade in Calvià berichten und wünschen der Liechtensteinischen Schachnationalmannschaft "Gut Schach" und viel Erfolg.

Erwartungsgemässe Ergebnisse
Nach einem ruhigen Flug mit der Swiss nach Palma wurde die Mannschaft ins nahe gelegene Santa Ponça ins Hotel Palmira überführt. Die am Abend am Strand stattgefundene Eröffnungszeremonie war vom Feinsten. Neben akustischen Leckerbissen boten die Gastgeber auch wunderschöne visuelle, eindrucksvolle Szenen. Die vielen hundert Zuschauer bedankten sich mit lang anhaltendem Applaus.

Die 1. Runde: Kasachstan - Liechtenstein 3½ : ½ 
Am nächsten Tag fand die erste Runde im eigens dazu eingerichteten Casino statt. Die Liechtensteiner trafen auf die Mannschaft von Kasachstan. Kein klangvoller Name aber ein überaus starker Gegner. 
Am 1. Brett verteidigte sich Marcel Mannhart mit der sog. Pirc-Variante sehr umsichtig. Sein Gegner lancierte einen Königsangriff mit einem unverhofften Springerzug. Trotz hartnäckiger Verteidigung verlor er zwar Bauer um Bauer, es gelang ihm aber, einen seiner Bauern auf die zweitletzte Reihe vorzuschieben und selbst gefährlich mit der Umwandlung in einer Dame zu drohen. Schliesslich musste sein Gegner seine eigenen Bauern im Stich lassen und in ein Remis einlenken. Der Wert dieses Unentschiedens kann in Anbetracht des starken Gegners nicht genug gewürdigt werden. 
Am 2. Brett opferte Renato Frick nach einer sizilianischen Eröffnung seine weisse Dame für eine Springer und einen Turm. Obwohl das Kräfteverhältnis den Gegner leicht bevorteilte, gelang es Frick eine starke Festung aufzubauen. Die ständigen gegnerischen Attacken mit der Dame konnte er bravourös abwehren, ein raffinierter Bauernzug stellte jedoch so viele Drohungen auf, dass Frick die Segel streichen musste. 
Guller Andras am 3. Brett verteidigte sich sizilianisch. Nach einer kleinen Ungenauigkeit gestattete er dem Gegner eine Springergabel auf Dame und Turm, was ihn die Qualität kostete. Er eroberte diese im Verlaufe des Spiels zurück, wobei jedoch die beiden Freibauern des Gegners bedeutend stärker waren als die des Liechtensteiners. Schliesslich musste er dem Kasachen zum Siege gratulieren. 
Am 4. Brett wartete auf Kurt Mündle einer der beiden Grossmeister des kasachischen Teams. Dieser verteidigte sich königsindindisch. Während die ersten 15 Züge noch nach Theorie gespielt wurden, stockte in der Folge Mündles Angriff am Damenflügel, wogegen der Kasache seinen Königsflügel erfolgreich aufrollen konnte. Der Druck wurde dermassen gross, dass Mündle nach einigen weiteren Zügen aufgeben musste.

Die 2. Runde: Wales - Liechtenstein 3½ : ½ 
In der 2. Runde bekamen die Liechtensteiner die Mannschaft aus Wales zugelost. Die Papierform sprach klar für die Waliser. Weil M. Mannhart pausierte, rückte R. Frick auf das 1. Brett vor. Dort bekam er es mit dem Internationalen Meister L. Williams zu tun. Respektlos griff Frick zum Damengambit, was er gegen stärkere Gegner eigentlich nicht zur Anwendung bringt. Sukzessive erhöhte er den Druck auf dem Damenflügel bis Frick 2 Mehrbauern realisierte. Sein Gegner verlor zusehends die Kontrolle. Kurz vor Ablauf der Zeit fand der IM einen Weg ins Remis. Der halbe Punkt kann als respektables Ergebnis gewertet werden. 
A. Guller am 2. Brett hatte gute Gewinnchancen. Leider stellte er durch ein Versehen seine Dame ein, was ihn zur sofortigen Aufgabe bewog. 
Am 3. Brett verteidigte sich K. Mündle französisch. Sein Gegner leitete in eine eher seltene Variante über, die dem Liechtensteiner einige Probleme bereitete und seinen Königsflügel rasch unter starken Druck setzte. Daraus gab es für seinen Monarchen bald kein Entrinnen mehr. 
Der junge F. Ferster spielte seine 1. Olympiapartie am 4. Brett gegen einen 16-jährigen. Leider war er in seiner Partie zu sehr auf Sicherheit bedacht, was ihm eine etwas passive Stellung einbrachte. Es gelang ihm nicht mehr, selbst aktiv zu werden, was schliesslich zum Verlust der Partie führte.

Die 3. Runde: Liechtenstein - Uganda 1½ : 2½ 
Mit Uganda erhielt Liechtenstein einen Gegner zugelost, der bislang ebenfalls 1 Punkt realisieren konnte. 
Mit seiner eher unorthodoxen Eröffnung gelang M. Mannhart ein viel versprechender Angriff am Königsflügel. Sein Gegner konterte am Damenflügel. Um diesen Angriff zu stoppen, musste Mannhart eine Qualität opfern, vermochte aber mit Dame und Springer seinen Gegner zur Aufgabe zu zwingen. 
Am 2. Brett verteidigte sich R. Frick königsindisch. Nach einer kleinen Unachtsamkeit seines Gegners erhielt Frick für seinen Turm zwei Figuren. Infolge Zeitnot fand der Landesmeister aber leider nicht mehr die besten Züge und musste dem Gegner gestatten, einen Bauern in eine Dame umzuwandeln. Nach einigen weiteren Zügen gratulierte Frick seinem Gegner zu seinem Sieg. 
Am 3. Brett fasste A. Guller einen zweifelhaften Eröffnungsplan, welcher dem Gegner das Zentrum weitgehend überliess. Er versuchte noch im Trüben zu fischen, musste aber die Überlegenheit seines Gegners anerkennen. Er musste aufgeben. 
Am 4. Brett kam wiederum F. Ferster zum Einsatz. Mit den schwarzen Steinen bot er dem Gegner Paroli. Im Endspiel übersah Ferster eine Finte des Zentralafrikaners. Trotzdem rettete er sich schliesslich in den Remishafen und holte damit sein erstes Remis an einer Olympiade.

Die Ranglistenspitze
1.    Ukraine 12 Pkte
2.    Israel    10½ 
3.    Bulgarien    10½
4.    Russland    10½ 
Ferner
Deutschland 8 Pkte; Schweiz 8 Pkte; Oesterreich 5½ Pkte

Die 4. Runde: Liechtenstein - Honduras ½ : 3½ 
Mit Honduras bekam Liechtenstein einen weiteren "harten Brocken" zugelost. 
Am 1. Brett bekam M. Mannhart nach der Eröffnung das etwas freiere Spiel, was ihm einen Bauern einbrachte. Durch eine kleine Unachtsamkeit gelang es seinem Gegner, Druck am Damenflügel zu machen, worauf sich das Unentschieden nicht mehr abwenden liess. 
Am 2. Brett opferte Frick eine Qualität. Die Eroberung eines Bauern rechtfertigte das Opfer nicht. Durch umsichtige Verteidigung gelang es seinem Gegner den Bauern zurück zu gewinnen, was den Liechtensteiner zur Aufgabe bewog. 
Am 3. Brett verteidigte sich sein Gegner mittels Albins Gegengambit. Er behauptete den Gambitbauern bis ins Endspiel, was schliesslich drei Bauuern kostete. Somit war die Partie verloren. 
Am 4. Brett unterlief dem jungen F. Ferster ein Rechenfehler. Anstatt einen Bauern zu gewinnen, verlor er die Dame gegen einen Läufer. Ferster kämpfte aber tapfer weiter und gewann sogar Dame und Turm zurück. Trotzdem verblieb der Gegner mit einer Mehrfigur, was die Partie kostete.

Die 5. Runde: Afghanistan - Liechtenstein 0 : 4
Wie war dieser plötzliche Exploit möglich? Hat Liechtenstein gegen die wesentlich stärkeren Afghanen so eine überragende Leistung gebracht? Nein, Afghanistan war nur zu zweit angereist und spielte erst ab der 6. Runde mit 4 Mann. So kamen Andràs Guller am dritten Brett und Kurt Mündle am 4. Brett zu je einem Forfaitpunkt. Die Frage war nun, was vermochten M. Mannhart und R. Frick an den ersten beiden Brettern zu bewerkstelligen? 
Marcel Mannhart legte seine Partie im gewohnt soliden Stile an. Nachdem er die Attacken seines Gegners am Damenflügel abzuwehren vermochte, gelang es ihm, selbst einen Angriff am Köningsflügel zu lancieren. Sein Druck nahm mit jedem Zug zu. Da es seinem Gegner nicht gelang, alle Drohungen abzuwehren, musste er sich schliesslich seinem Schicksal beugen und M. Mannhart zu dessen Siege gratulieren. 
Durch eine kleine Unaufmerksamkeit seines Gegners gelang es Renato Frick bereits in der Eröffnung, eine Qualität zu gewinnen. Trotzdem musste der Landesmeister alle Vorsicht walten lassen, gelang es seinem Gegner doch, das Zentrum zu öffnen und einen gefährlichen Königsangriff zu inszenieren. Nach eine weiteren kleinen Fehler des Afghanen vermochte der Liechtensteiner die Partie kurz und bündig abzuschlessen.

Die 6. Runde: Namibia - Liechtenstein 2: 2
Am 1. Brett lieferte M. Mannhart seinem für Namibia spielenden Landsmann L. Müller, einen Marathonmatch über 118 Züge. In einer geschlossenen Partie eroberte Müller doch eine Qualität. Sukzessive vermochte der Namibier in Mannharts Stellung einzudringen. Eine Ungenauigkeit brachte Mannhart auf die Verliererstrasse 
Am 2. Brett vermochte A. Guller vorerst leichte Vorteile herauszuarbeiten. Mit Fortdauer der Partie glich sich das Spiel aus, worauf sich die beiden auf das Unentschieden einigten. 
Am 3. Brett geriet K. Mündle lange Zeit in Bedrängnis. Ein eleganter Springerzug stellte den qualitativen Gleichstand der Partie her. Das Remis war die Folge. 
Am 4. Brett holte F. Ferster den vollen Punkt. Sein Gegner stellte im Mittelspiel eine Figur ein, welche Ferster dankbar annahm. Von da an liess er dem Namibier keine Chance mehr.

Die Rangliste
1. Ukraine    20 Pkte 
2. Russland    19 
3. Bulgarien    18 
Ferner:
35. Schweiz    14
43. Deutschland    13½ 
72. Oesterreich    12
103. Liechtenstein    9

Auf und ab der Liechtensteiner

Die 7. Runde: Liechtenstein - Pakistan 0 . 4
In dieser Runde wartete abermals ein bedeutend stärkerer Gegner auf die Liechtensteiner. 
Am 1. Brett eröffnete M. Mannhart recht solide. Im Uebergang von der Eröffnung zum Mittelspiel öffnete er optimistisch die Stellung. Im Endspiel setzte sich die Klasse des internationalen Meisters durch. 
Am 2. Brett hielt A. Guller die Partie lange Zeit ausgeglichen. Trotzdem erhielt sein Gegner ein etwas günstigeres Endspiel. Guller versuchte mit seiner Dame im Trüben zu fischen, doch sein Gegner steuerte zielstrebig auf Gullers Königsstellung hin. Er musste die Partie aufgeben. 
Am 3. Brett spielte K. Mündle den Damenbauer. Nach längerem Positionsspiel sah sein Gegner die Möglichkeit, einen Turm zu erobern. K. Mündles Idee, dafür zwei Figuren zu schlagen, realisierte sich nicht. Mit einer Qualität weniger gab er bald die Partie auf. 
Am 4. Brett schätzte F. Ferster die Stellung nach der Eröffnung falsch ein. Der gegnerische Königsangriff war zu stark. Ferster versuchte mit allen Kräften, die Stellung zu retten, musste sich aber der gegnerischen Klasse beugen.

Die 8. Runde: Liechtenstein - Aruba 3½ : ½ 
Nachdem R. Frick wegen einer Erkältung 3 Tage das Bett gehütet hatte, übernahm er gegen den ABC-Inselstaat Aruba wieder das 1. Brett. Sein Gegner Jose Pesqueira benötigte nach der Eröffnung für die komplizierte Stellung sehr viel Zeit und bot dem Liechtensteiner ein Remis an. Dieser lehnte das Angebot jedoch ab. In der Folge verlor Pesqueira den Faden, opferte eine Figur ohne nennenswerte Kompensation und musste bald darauf die Partie aufgeben. 
Am 2. Brett bekam es A. Guller mit Jacobusse zu tun. Dieser griff mit den weissen Steinen vehement an. Guller vermochte jedoch alle Drohungen zu parieren und erschaffte sich ein starkes Zentrum. Anstatt dann aber in der Mitte durchzubrechen, lancierte er einen Angriff auf den gross rochierten König. In sich anbahnender Zeitnot fand Guller leider nicht immer die besten Züge und musste nach einen Generalabtausch ins Unentschieden einwilligen. 
K. Mündle am 3. Brett legte seine Partie gewohnt vorsichtig an. Da er zuwenig forsch ans Werk ging, vermochte sein Gegner alle neuralgischen Punkte zu decken und durch einen listigen Läuferzug selbst einen Angriff auf Mündles König zu inszenieren. Mündle verteidigte sich optimal. Nach dem Damentausch vermochte der Liechtensteiner in ein vorteilhaftes Turmendspiel einzulenken und den Gegner zur baldigen Aufgabe zwingen.
Am 4. Brett beschäftige F. Ferster seinen Gegner mit dauernden Attacken auf dessen König und seine Bauern. In einer sehr interessanten und komplexen Stellung griff sein Gegner fehl und verlor die Kontrolle über das Geschehen am Brett. Ferster nutzte die Situation, indem er seinen Angriff auf den König und die Dame des Gegners ausbaute. Nachdem sein Gegenüber nicht mehr in der Lage war, alle kritischen Punkte zu decken, gab er das hoffnungslose Spiel auf.

Die 9. Runde: Libyen - Liechtenstein 1½ : 2½ 
M. Mannhart erhielt am 1. Brett einen sehr jungen aber talentierten Schachspieler vorgesetzt. Dieser attackierte mächtig und versuchte, Mannhart auf beiden Flügeln des Schachbrettes in Bedrängnis zu bringen. Durch umsichtige Verteidigung und Kontrolle der wichtigen Felder schien Mannhart Vorteil aus dem sich anbahnenden Figuren- und Damenabtausch erringen zu können. Ein subtiler Bauernzug seines Gegners - verbunden mit einem Remisangebot - liessen Mannhart jedoch das Unentschieden annehmen. 
Am 2. Brett hatte R. Frick einen nach Papierform wesentlich stärkeren Gegner erhalten. Den Liechtensteiner kümmerte dies jedoch wenig, griff er in seiner forschen Art sogleich die gegnerische Rochadestellung an. Trotz Bauerngewinn schien dem Liechtensteiner die Partie aber in ein annähernd unentschiedenes Turmendspiel abzugleiten. Nach einem kleinen Fehler seines Gegners, liess sich Frick den Sieg jedoch nicht mehr nehmen. 
Am 3. Brett verlor Kurt Mündle kurz nach der Eröffnung einen Zentrumsbauern. Seinem Kontrahenten gelang es darauf, den Schutzwall vor Mündles König zu demolieren und einen verheissungsvollen Mattangriff zu kreieren. Als der Liechtensteiner glaubte, einen Zug zu seiner Verteidigung gefunden zu haben, folgte ein Kraftzug seines gegnerischen Turmes, was den Verlust einer Figur und der Partie zur Folge hatte. 
F. Ferster konnte sich am 4. Brett trotz der weissen Steine nicht wie gewohnt entfalten. Schon bald hatte er links und rechts je einen Springer am Rande, was nichts Gutes verhiess. Und tatsächlich konnte sein Gegner diverse Drohungen von Bauern- und Qualitätsgewinn aufstellen, die Ferster leider nicht mehr alle parieren konnte und er schlussendlich die Waffen strecken musste.

Die 10. Runde: Liechtenstein - Botswana 1½ : 2½ 
M. Mannhart am 1. Brett musste nach einer kleinen Unaufmerksamkeit bereits in der Eröffnung sehr viel Zeit investieren. Trotz den weissen Steinen war es aber eher sein Gegner, der anfing das Brett zu dominieren. Einem drohenden Opfer zollte Mannhart zuviel Respekt. Er verhinderte zwar das Opfer, kam jedoch nicht umhin, dem Gegner andere Zugeständnisse zu machen, was ihn schliesslich die Partie kostete. 
Am 2. Brett regte sich R. Frick fürchterlich über eine kleine Unterlassung in der Eröffnung auf, durfte sich aber nichts anmerken lassen. Doch seine Gegner spielte dadurch praktisch auf ein Tor und zwang den Liechtensteiner schon bald zur Aufgabe der Partie. 
A. Guller spielte am 3. Brett eine sizilianische Nebenvariante, die sein Gegner jedoch optimal erwiderte. Das Spiel verflachte danach zusehends und endete schliesslich mit einem gerechten Unentschieden. 
Am 4. Brett wählte der Liechtensteiner Youngster F. Ferster die ausgefallene Tschigorinverteidigung. Nachdem sein Gegenüber gross rochierte kam Ferster zu einem verheissungsvollen Angriff auf der B-Linie. Mit einem Figuren-, Qualitäts- und anschliessendem Damenopfer zwang Ferster den Gegner in die Knie und rettete mit seinem Sieg die Ehre der Liechtensteiner.

Die Rangliste
1. Ukraine    29 Pkte
2. Russland    27
3. Armenien    26.5
4. USA    26
Ferner:
8. Schweiz    24.5
29. Deutschland    22.5
56. Oesterreich    21
113. Liechtenstein    15.5

Ukraine Schacholympiasieger

Liechtenstein erreichte Zielsetzung nicht.

Der Schacholympiasieger von Calvià 2004 heisst Ukraine. Nachdem die Ukrainer die durch die Absenzen der Weltranglisten Nr. 1 Kasparov und der Nr. 2 Kramnik (war bis am 18. Oktober an der Weltmeisterschaft im klassischen Schach in Brissago, Schweiz engagiert) dezimierten Russen schlagen konnten, gaben sie die erreichte Führung nie mehr ab und wurden so verdient Olympiasieger. 
Bei den Damen schwang einmal mehr die Schachweltmacht China oben aus Sie wurden ihrer Favoritenrolle souverän gerecht und einmal mehr Olympiasieger. 
Die Liechtensteiner konnten die Sensation der letzten Olympiade vor zwei Jahren in Bled nicht wiederholen. Sie verloren leider die letzte Runde unnötig und belegten somit den etwas enttäuschenden 109. Rang (von 134 Mannschaften).

Die 11. Runde: Macao - Liechtenstein 1½ : 2½ 
Die Liechtensteiner gingen hoffnungsvoll in diese Runde, denn der Inselstaat lagen auf der Startrangliste hinter dem FL-Team. 
Am 1. Brett öffnete M. Mannharts Gegner in der Eröffnung eine Linie, die Mannhart mit seinen Schwerfiguren besetzen konnte. Das taktischem Geplänkel im Mittelspiel verhalf Mannhart, Zug um Zug seine Figuren besser zu stellen, bis ein Bauerndurchbruch möglich war. Mittels Damenopfer zwang der Liechtensteiner darauf seinen Gegner schlussendlich zur Aufgabe. 
Am 2. Brett setzte R. Frick nach seiner grossen Rochade voll auf Königsangriff. Durch ein Läuferopfer gelang es dem Liechtensteiner, ein Mattnetz aufzubauen, aus dem es kein Entrinnen mehr gab. Sein Gegner sah das sinnlose Unterfangen ein und gab die Partie auf. 
Am 3. Brett sah es lange danach aus, dass A. Guller einen Vorteil aus dem isolierten Zentrumsbauern seines Gegner würde ziehen können. Durch geschickte Verteidigung gelang es dem Insulaner jedoch, das Spiel mehr und mehr zu vereinfachen, bis es schlussendlich im gerechten Remis endete. 
Am 4. Brett kam K. Mündle zu einem verheissungsvollen Angriff am Damenflügel. Ein Schwenk seines Gegner von Verteidigung am Damenflügel auf Angriff am Königsflügel verwirrte Mündle jedoch derart, dass er nicht mehr die besten Züge fand. Mittels einem Scheinopfer gelang es seinem Gegner, Bauern um Bauern zu kassieren und schliesslich seinen Angriff mit dem Siege zu krönen.

Die 12. Runde: Liechtenstein - Panama 1 : 3 
Am 1. Brett erarbeitete sich M. Mannhart mehr Raum am Königsflügel. Durch einen Damenausfall hätte er den Gegner zu unangenehmen Zügen zwingen können, was wahrscheinlich gewonnen hätte. Mannhart wählte jedoch eine andere Abwicklung, die dem Gegner jedoch einen Bauern und im Turmendspiel gar den ganzen Punkt einbrachte. 
Am 2. Brett eroberte R. Frick in der Eröffnung einen Bauern. Dadurch erhielt der Panamese einen riesigen Angriff. Der Liechtensteiner musste 2 Bauern zurückgeben um überhaupt noch ums Remis kämpfen zu können. Durch einen kleinen Fehler seines Gegners bekam R. Frick dann sogar Oberwasser, eroberte in Zeitnot einen Turm für einen Läufer und konnte den Mittelamerikaner durch subtile Endspieltechnik zur Aufgabe zwingen. 
Am 3. Brett gelang es A. Guller lange Zeit, die Partie im Gleichgewicht zu halten, bis er sich am Damenflügel durch eine kleine Unachtsamkeit selbst in Schwierigkeiten brachte. Der Panamese verstand es sehr geschickt, mit seinen Schwerfiguren in Gullers Stellung einzudringen, was zuerst einen Bauern und mit Fortdauer des Spiels die ganze Partie kostete. 
Am 4. Brett erhielt F. Ferster in der französischen Eröffnung einen Mittelbauern geschenkt. Sein Gegner erhoffte sich dafür rasche Figurenentwicklung und Angriff. Ferster verteidigte sich exzellent und konterte nach seiner grossen Rochade am Königsflügel. Alle "normalen" Züge hätten jetzt für den Liechtensteiner gewonnen. Er wollte jedoch besonders schön spielen, übersah aber einen Figurenverlust mit Zwischenschach. Danach war Ferster noch lange Zeit in der Remisbreite, bis ihm in Zeitnot noch ein Missgeschick passierte und das Fallen der Zeit zum Verlust der Partie führte. Eine bittere Erfahrung für den noch jungen Liechtensteiner.

Die 13. Runde: Bermuda - Liechtenstein 1 : 3 
R. Frick spielte am 1. Brett gegen eine talentierte für Bermuda spielende Tschechin. In einem geschlossenen Sizilianer investierte sie erst nach dem 8. Zug von Frick einige Zeit. In komplizierter Stellung verlor sie eine Qualität. Sie versuchte danach einen direkten Angriff auf Fricks König. Wie im Fussball entstand aus einem abgewehrten Angriff ein Konter, der zum "Tor" führte. Frick gewann überzeugend. 
Am 2. Brett glaubte sich A. Guller lange Zeit in einer Gewinnstellung. Der Gegner verfügte jedoch immer wieder über Resourcen, um das Spiel im Gleichgewicht zu halten. Der Liechtensteiner konnte seine zwei Freibauern am Damenflügel nicht zur Grundlinie führen. Sein Gegner forcierte seine eigenen Bauern, sodass es schliesslich zum Abtausch der Bauern und damit zum Unentschieden kam. 
Am 3. Brett verteidigte sich K. Mündle französisch. Der unorthodoxe Aufbau seines Gegners verleitete den Liechtensteiner zu einer nicht der Situation angepassten Aufstellung, während der Insulaner zu einer glückhaften Position gelangte. Es gelang ihm, diese bis ins Mittelspiel aufrecht zu halten, wonach er das Remis anbot. Mündle nahm es an. 
Am 4. Brett machte F. Ferster kurzen Prozess. Sein Gegner erfreute sich an einem Bauernraub, konnte aber nach einem raffinierten Damenausflug des Liechtensteiner Figurenverlust nicht mehr vermeiden. F. Ferster jagte den gegnerischen König ins Freie und setzte ihn dort kurzer Hand matt.

Die 14. Runde: Liechtenstein - Hongkong 1½ : 2½ 
M. Mannhart am 1. Brett musste nach einer kleinen Unaufmerksamkeit bereits in der Eröffnung sehr viel Zeit investieren. Trotz den weissen Steinen war es aber eher sein Gegner, der anfing das Brett zu dominieren. Einem drohenden Opfer zollte Mannhart zuviel Respekt. Er verhinderte zwar das Opfer, kam jedoch nicht umhin, dem Gegner andere Zugeständnisse zu machen, was ihn schliesslich die Partie kostete. 
Am 2. Brett machte A. Guller einen kleinen Eröffnungsfehler, der dem Gegner einen starken Angriff einbrachte. Nach dem Tausch eines Zentrumsbauern kam Weiss auf der e-Linie zur Verdoppelung seiner Türme. Guller vermochte nicht mehr alle Schwächen in seinem Lager zu decken. In grosser Zeitnot verlor der Liechtensteiner den Faden und seine Zeit fiel, was den Verlust der Partie zur Folge hatte 
K. Mündle am 3. Brett erhielt in einem Damengambit die offene c- und e-Linie. Durch diesen Riesenvorteil vermochte er im Mittelspiel dem Gegner weitere Schwächen zuzufügen. In hochgradiger Zeitnot drang Mündle mit Turm und Dame in die gegnerische Stellung ein. Ein subtiler Zwischenzug mit dem zweiten Turm hätte den Gegner mattgesetzt. Doch Mündle übersah diese Möglichkeit und erzwang mittels Dauerschach das Unentschieden 
Am 4. Brett erhielt F. Ferster nochmals Gelegenheit, seine ansteigende Form zu bestätigen. In seiner geliebten Tschigorinverteidigung wich sein Gegner nach einigen Zügen bereits von der Theorie ab, was dem Liechtensteiner klaren Vorteil einbrachte. Nach einem Bauerngewinn am Damenflügel gewann Ferster noch einen weiteren Bauern am Königsflügel dazu, was den Gegner zur baldigen Aufgabe zwang. Mit 5½ Punkten aus 11 Partien erreichte der Youngster das zweitbeste Resultat der Liechtensteiner und er kann mit seinem ersten Einsatz an einer Schacholympiade vollauf zufrieden sein. Ferster war eine Bereicherung fürs Team und es wird wohl nicht seine letzte Olympiade für Liechtenstein gewesen sein


Die Rangliste

Herren: 
1. Ukraine    39,5 Pkte
2. Russland    36,5
3. Armenien    36,5
Ferner:
13. Schweiz    32,0
16. Deutschland    32,0
62. Oesterreich    28,5
109. Liechtenstein    23,5

Damen:
1. China    31,0 Pkte
2. USA    28,0
3. Russland    27,5
Ferner:
17. Deutschland    24,0 Pkte
31. Schweiz    22,5
55. Oesterreich    20,0

Die Ergebnisse der Liechtensteiner:
1. Brett Marcel Mannhart 4,5 Punkte aus 11 Partien
2. Brett Renato Frick    6,5 Punkte / 11
3. Brett Andràs Guller    3,5 Punkte / 12
4. Brett Kurt Mündle    3,5 Punkte / 11
5. Brett Fabian Ferster    5.5 Punkte / 11

Calvià, Mallorca, 30.10.2004/renato frick